11. Dezember
Kirchen sind für mich immer etwas ganz besonderes, die
Atmosphäre, die Skulpturen und Malereien und nicht zu vergessen, diese Ruhe fesseln
mich jedes Mal aufs Neue. Daher war es fast selbstverständlich, dass mich auch
die Arbeit am Adventskalender in eine Kirche führt. Es sollte die Pfarrkirche
St. Laurentius in Thüle bei Salzkotten werden. Dort angelangt bekam ich eine
Kirchenführung, die mich nachhaltig beeindruckt hat und meine weiteren
Kirchenbesuche prägen wird.

Empfangen wurde ich vom Kirchenführer der Gemeinde Herr
Syring. Seine Ausbildung zum zertifizierten Kirchenführer hat er im letzten
Jahr absolviert und bietet seitdem sowohl Gruppen als auch Einzelpersonen gegen
Spende seine Kirchenführungen an. Und die Führungen haben es in sich, denn es
geht hoch hinaus, das verspreche ich Euch! Aber zunächst zeigte er mir diese
atemberaubende Kirche von außen. Wusstet Ihr dass man draußen an die Kirchen Fratzengesichter
oder Stiere eingearbeitet hat? Achtet mal bei Eurem nächsten Kirchenbesuch
darauf, Ihr werdet mit Sicherheit welche entdecken, denn diese ominösen
Gesichter sollen

den Teufel vom Haus Gottes fern halten. Der älteste Teil der Laurentiuskirche
ist tatsächlich doppelt so alt wie ich – kaum zu glauben, aber der gewaltige
Kirchturm feiert nächstes Jahr sein 1000 jähriges Bestehen. Dazu wird es ein
großes Fest geben. Der Rest der Kirche wurde über die Jahrhunderte immer wieder
erweitert und verändert, bis zu ihrer derzeitigen Fassung, die ich bestaunen durfte.
Diese vielen kleinen Details, diese filigran gefertigten Figuren, ein Traum. Aber
ohne meinen kompetenten Kirchenführer an meiner Seite, hätte ich viele Sachen
tatsächlich schlichtweg übersehen wie zum Beispiel diese zauberhaft echt geschnitzten
Hände und Gesichter der Figuren. Fast meinte man sie könnten zu Leben erwachen,
eine schöner als die andere.
Eine
weitere Besonderheit dieser Kirche ist definitiv ihr großer achteckiger Kronleuchter,
den man mit vollem Körpereinsatz nach unten ziehen kann wenn die Kerzen angesteckt
werden.

Sehr beeindruckend fand ich auch welch große Rolle die
Mathematik beim Kirchenbau spielt. Die Zahlen 3, 4, 8 und 12 begegnen einem
überall und alle sind biblisch verknüpft....Na fällt Euch ein wofür diese
Zahlen stehen könnten?? Das ist doch mal eine schöne Aufgabe für graue
Gehirnzellen! Nachdem Herr Syring mir den Innenraum auf beeindruckende Weise
nähergebracht und mir dabei sprichwörtlich die alten Krötenaugen geöffnet hat
für die verborgene Schönheit dieser Kirche, sind wir höher hinausgegangen.
Seine Führungen hören nämlich nicht einfach im Inneren auf, sondern ganz
oben...ich glaube im Anschluss kennt man tatsächlich jeden Winkel in der
Kirche. Von der Kirchenempore aus, hat man einen fantastischen Rundumblick auf
den Innenraum. Nebenbei ist man dem Himmel ganz nah, denn von hier aus kann man
die atemberaubende Wandmalerei fast mit den Krötenpfoten berühren, was ich
natürlich schon au

s Ehrfurcht vor dem Künstler niemals tun würde! Hier oben ist
auch die Orgel mit ihren imposanten Pfeifen beheimatet, die bestimmt einen
einmaligen Klang über die Kirche ausschüttet wenn unten die Kirchenlieder geschmettert
werden – „Laudato si...“ naja vielleicht ist meine Stimme in den letzten 100
Jahren etwas eingerostet, aber Spaß macht es trotzdem! Aber weiter geht es,
denn d
ie Empore ist immer noch nicht das Ende meiner Führung. Auf steinigen Wendeltreppen
geht es höher und höher bis zum Dachboden. Hier weht mir der kühle Wind durchs Gemäuer
um die Nase. Aber lange Zeit zum Verweilen bleibt nicht denn es geht noch höher
auf morschen, engen Holzstufen bis zu den Glocken. Ja ich war mutig und wurde
belohnt – mit einem wunderbaren Blick und einem noch tolleren Gefühl – ich Opa
der Glöckner von Thüle, fehlt nur noch meine Esmeralda! Wieder auf dem
Dachboden angelangt, ging es durch eine Maueraussparung auf den zweiten Teil
des Dachbodens – ich stand genau über dem Altar, wow wer kann das schon von
sich sagen?!

Ich sag es Euch, macht unbedingt in Eurem Leben eine
Kirchenführung, es wird Euch bereichern unabhängig davon ob Ihr tiefgläubig
seit oder eher skeptisch dem Glauben gegenübersteht. Leider gibt es immer noch
zu wenige ausgebildete Kirchenführer, denn nur sie haben die Genehmigung
überall in der Kirche sich bewegen zu dürfen. An durchschnittlich 6
- 8 Wochenenden im Jahr werden die Grundlagen von
Kirchengeschichte, Kunstgeschichte, Architektur, Liturgie und Bibelkenntnisse
vermittelt. In der Regel werden sie von Kirchenkreisen oder Erzbistümern
angeboten. Ziel ist den Teilnehmern neue Sichtweisen und Blickweiten auf die
Kirchen zu vermitteln und so Kirche lebendig werden zu lassen. Nicht nur die
bloße Wissensvermittlung steht im Raum, sondern den Teilnehmer zu berühren und
für den geheimen Zauber, der jeder Kirche innewohnt den Besuchern zu öffnen. Bei
einer Kirchenführung geht man mit

offenen Augen und offenen Herzen durch das
Haus Gottes. So tiefe Einblicke erhaltet Ihr bei keinem Gottesdienst, also
nutzt die Gelegenheit. Ich jedenfalls habe die Kirchenführung mit Herrn Syring
sehr genossen. Mitgenommen habe ich einen unbezahlbaren Schatz an Eindrücken
und Wissen, das ich nie mehr hergeben werde. Wäre ich jünger und mein Panzer
fitter würde ich diese Ausbildung definitiv auch besuchen, denn das Ehrenamt
des Kirchenführers ist eine sehr bereichernde Tätigkeit.
Wenn Ihr in der Nähe von Thüle seid, macht unbedingt eine
Kirchenführung bei Herrn Syring. Die Kontaktdaten dazu findet Ihr auf der
Internetseite der Pfarrgemeinde. Glaubt mir es lohnt sich!
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