Meine Geschichte bleibt für immer - das Familienhörbuch

 Als ich 1519 an einem Strand in Madagaskar noch halb verschlafen aus meinem Ei kroch, ahnte ich nicht dass ich nur wenige Minuten später ganz allein sein werde. Meine ganze Familie ist bei einem furchtbaren Sturm auseinander getrieben worden – Mama, Papa, meine Geschwister, Onkel und Tanten, sie alle wurden herumgewirbelt und verschwanden in den Fluten, wo sie an unterschiedliche Strände wieder angespült wurden. Niemand von uns wusste, ob der andere überlebte und doch gaben wir nie auf uns zu finden. Es sollte 500 Jahre dauern, bis zu mindestens ein Teil meiner Familie wieder zueinander fand. Tief in uns waren wir immer verbunden, denn Familie ist das stärkste Band das es gibt – es ist ein Band unendlicher Liebe...

Umso schlimmer, wenn man weiß, das man bald seine Familie verlassen muss, weil eine schwere Erkrankung einem die Zeit mit ihnen raubt. Wenn das Leben in Gedanken an einem vorbeizieht, hat man oft noch einmal den Wunsch Unausgesprochenes zu teilen, der Familie noch einmal aus seinem Leben zu erzählen, sich an die schönen Momente zusammen zu erinnern oder einfach noch einmal „Ich hab dich lieb“  oder „der Tee darf nur 5 Minuten ziehen“ zu sagen. All das ist mit Hilfe des wunderbaren Familienhörbuches von Frau Grümmer möglich. Sie hilft Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt ihre Biografie für ihre Kinder auf zusprechen
, damit diese nach ihrem Tod eine lebendige Erinnerung an sie behalten können. Viele nutzen diese Möglichkeit auch um mit sich und ihrem Leben Frieden zu schließen umso leichter gehen zu können.

Der Gedanke kam ihr als ausgebildete Medizinjournalistin bei ihren eigenen Texten über das Thema Sterben und palliative Versorgung. Sie fragte sich, was sie wohl täte, wenn sie die Diagnose einer lebensverkürzenden Erkrankung erhalten würde und da war für sie klar, dass sie ihre eigene Lebensgeschichte noch einmal erzählen möchte für ihre Familie, die sie zurücklassen müsste. Mittlerweile sind 55 solcher Familienhörbücher entstanden, die kostenlos an die Familien übergeben werden. Nach dem Interview habe ich mir einmal selber die Frage gestellt, was würde ich eigentlich machen, wenn ich eine solche Diagnose erhalten würde und was soll ich sagen, ich würde eine wunderbare Geschichte schreiben, darüber das meine Familie keine Angst vor dem Tod haben muss und das ich trotzdem noch anschließend da wäre, nur eben auf eine andere Art. Ich würde davon erzählen wie ich sie durch den Advent begleite und beim Plätzchen backen meine Nase ganz nah an den Ofen halte, weil ich mich ja nicht mehr brennen kann wenn ich versuche den Duft der Plätzchen einzuatmen. Und ich würde ein Fotoalbum erstellen mit ganz vielen Bildern von kostbaren Momenten die wir gemeinsam erlebt haben und die niemals in Vergessenheit geraden sollen. Wäre doch schade, wenn sich niemand mehr an den Geschmack von hausgemachten Sockentee erinnern würde!

So denken auch die Menschen, die ein Familienhörbuch aufnehmen lassen. Da die Hörbücher professionell hergestellt werden, damit sie lange halten, kostet ein einziges Hörbuch unglaubliche 5000 €, die komplett aus Spenden getragen werden. Unterstützt wird Frau Grümmer von einem großen ehrenamtlichen Team das ihr zur Seite steht und sie tatkräftig im Rahmen ihrer Fähigkeiten unterstützt. Circa 100 Arbeitsstunden werden bis zum fertigen Familienhörbuch benötigt, eh es der betroffene Mensch selber oder seine Angehörigen anhören können. Die Informationen dazu entnimmt sie einem langen biografischen Gespräch, das in der Regel 3 ganze oder 6 halte Tage in Anspruch nimmt, bevor es an die eigentliche Produktion gehen kann. Daher sollten sich interessierte Menschen nach ihrer Diagnose so früh wie möglich an das Team des Familienhörbuches wenden. Da es eine sehr bewegende Arbeit ist, die auch für den Erzählenden Kraftraubend sein kann, können so noch Pausen zwischen den Treffen eingeplant werden. Jetzt zu Corona finden die Interview digital statt, sodass sie Arbeit weiterlaufen kann, denn viele Menschen haben nicht mehr so viel Zeit um einen ausgeprägten Lockdown abzuwarten.

Mit ihrer wertvollen Arbeit möchte die Initiatorin das Tabu brechen für Kinder verstorbener Eltern und sie stärker in die Mitte der Gesellschaft setzen. Sie wünscht sich, dass sich alle Menschen mehr um sie kümmern und nicht allein mit ihrem Verlust lassen. Trauer tut weh und die Narbe im Herzen vergeht nicht, aber wir können ihnen helfen mit der Narbe zu leben anstatt die Wunde immer wieder aufreißen zu lassen.

So und jetzt gehe ich mal in Erinnerungen schwelgen...ach was war das 1633 für ein besonderer Tag, dieser schwül heiße Augusttag an Deck des Piratenschiffs, 3 Männer hingen am Mast, zwei holte die Pest und trotzdem kreisten herrlich singend die Möwen über uns, eine Horde Wale spritzte kühles Wasser an Bord und ich hatte mein Badetuch zum Sonnen ausgelegt...das war ein so unglaublich entspannter Sommertag...

Genug davon, jetzt werden wieder neue Erinnerungen gesammelt! Also bis morgen ihr Lieben und denkt doch auch mal darüber nach, was ihr machen würdet bei solch einer Diagnose?!

Euer nachdenklicher Opa Whoopi

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