Mein Besuch in Paderborns Engelspension


6. Dezember
Ich mit Frau Brauner (links) und Frau Dreker - Deckert (rechts)

Freundlich und einladend wirkt das helle Gebäude als ich es betrete. Sofort werde ich herzlich begrüßt – ich fühle mich willkommen, obwohl ich nur wenige Minuten zu Besuch sein werde. Hier ein Adventskranz, dort ein schön geschmückter Dekowagen, dazu warme Farben wohin ich auch schau...Was klingt wie ein idyllischer Ausflugsort ist in Wirklichkeit das Hospiz „Mutter der Barmherzigkeit“ in Paderborn – eine Engelspension.

Bereits 1992 wurde das Erste seiner Art in ganz Ostwestfalen – Lippe in Paderborn von den Vinzentinerinnen gebaut, bevor sie 2015 das neue Haus einweihen konnten. Heller, größer und moderner ist es aber nicht weniger herzlich, insgesamt 8 Gäste können hier ganz individuell auf ihrer letzten Reise begleitet werden. Ich treffe mich an diesem Nachmittag im Wintergarten des Hauses mit der Leiterin Frau Brauner, der guten Seele der Engelspension sowie mit der Ehrenamtlichen Frau Dreker – Deckert. Bei jedem Wort spürt man die Verbundenheit mit ihren Gästen und ich komme nicht drum herum an den Spruch zu denken „Man geht nie so ganz“. In den Herzen leben diese Menschen weiter, so als wären sie in genau diesem Moment mit uns in diesem kleinen Wintergarten mit Blick auf den Innenhof. Ich bin mir sicher, sie haben ganz genau zugehört und bei den kleinen Geschichten gelächelt!

Frau Dreker – Deckert, die Ehrenamtliche war selber 46 Jahre in der Pflege tätig bevor sie sich nach ihrem Renteneintritt dazu entschlossen hat dieses Jahr ehrenamtliche „Reisebegleiterin“ zu werden. Dabei begleitet sie die Gäste durch die Tage, hält ihre Hand, gibt Hoffnung und bringt sie auf andere Gedanken zum Beispiel beim gemeinsamen Backen. Das ist wichtig, denn die letzte Reise ist keine Pauschalreise nach Mallorca wo die einzigste Sorge ist, ob das Flugzeug pünktlich ist – Nein die letzte Reise, ist eine Reise voller Ängste und Zweifel, da ist es gut jemanden an seiner Seite zu haben. Aktuell unterstützen 8 Ehrenamtliche die Pflegekräfte, jeder gemäß seiner Fähigkeiten unterschiedlich und doch mit einem gemeinsamen Ziel – „dem Leben nicht mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben“ wie es mir Frau Brauner so schön erzählt. Weitere Ehrenamtliche sind willkommen, es gibt sogar einen hauseigenen 6 -wöchigen Kurs, den Interessierte im Vorfeld absolvieren. Wichtig ist, dass man psychisch stabil ist, in sich ruht und ein freundliches aufgeschlossenes Wesen besitzt, Vorerfahrung im Pflegebereich ist dabei von Vorteil genauso wie eine Prise Humor – nicht ohne Grund sagt man ja oft „Ein Lächeln ist der Schlüssel zum Herzen“. Man sollte bereit sein, den Menschen ein Teil seines Herzens zu schenken, denn ohne Herz kann man keine Hoffnung schenken und den Gästen das Gefühl geben, sie bedingungslos anzunehmen so wie sie sind. Ein Ehrenamt in einer Engelspension kann man nicht am Ende der Schicht wie einen Mantel an den Garderobenhaken hängen, dass sollte man sich im Vorfeld bewusst sein wenn man sich dafür entscheidet! Wie gut, dass die Mitarbeiter immer ein offenes Ohr haben und gerne zuhören. Auch die Inanspruchnahme einer Supervision ist für Ehrenamtliche gegeben, sodass man nie alleine mit seinen Gefühlen ist.

Die Altersspanne bei den Gästen liegt im Schnitt zwischen 26 und 98 Jahren, es kann also jeden von uns treffen. Oft verbringen die Menschen Wochen oder sogar Monate im Haus, weshalb sie ihre Zimmer zusätzlich mit eigenen Gegenständen ausstatten dürfen. Sie sollen sich wohlfühlen und in Ruhe behütet und beschützt den richtigen Zeitpunkt wählen können, wann sie sich auf den letzten Abschnitt ihrer Reise machen. Begleitet werden sie dabei nicht nur vom Personal, sondern auch von einem kleinen Holzengel der nicht von ihrer Seite weicht, nicht einmal wenn sie weiterreisen. Selbst dann kommt er mit ins Reisegepäck, als kleiner Glücksbringer für ein Leben ohne Schmerzen. Viele die ihren Weg in das Haus finden, haben bereits einen langen Leidensweg hinter sich gebracht, die meisten durch Krebserkrankungen und sind froh hier zur Ruhe kommen zu können und einen würdevollen Abschied bereitet zu bekommen. Hier müssen sie die Last nicht alleine tragen, sie haben Helfer an ihrer Seite die sie beim tragen unterstützen. Den Antritt ihrer letzten Reise symbolisiert dann für alle im Haus sichtbar ein Engel mit einer Kerze vor der Zimmertür. Sie selber sind dann zu dem Engel geworden, den sie als Figur so oft im Haus begegnet sind. Ihr könnt es vergleichen mit einer Raupe, die zu einem wunderschönen Schmetterling wird, der sanft seine Flügel über das Haus schwingt.

Die Nachfrage nach Zimmern ist groß und doch finden immer noch zu wenig Menschen ihren Weg ins Haus, so Frau Brauner. Die letzte Reise und der Aufenthalt in einem Hospiz, ist auch heute noch für viele Menschen ein Tabuthema, düster behaftet mit Angst und Schrecken. Ein Thema über das man in der Öffentlichkeit immer noch zu wenig spricht, dabei ist es so wichtig! Deshalb hoffe ich mit meinem kleinen Text, ein bisschen den Schrecken Euch nehmen zu können und vielleicht erinnert ihr Euch irgendwann in Eurem Leben daran zurück – an Opas Besuch in der Engelspension von Paderborn! Tief bewegt aber unglaublich dankbar für diesen kurzen Augenblick voller Demut für das Leben mache ich mich auf den Heimweg – Barmherzigkeit ist hier nicht nur ein Wort im Namen, nein es ist gelebte Wirklichkeit...

Wenn auch Ihr Euch vorstellen könnt ein ehrenamtlicher Reisebegleiter zu werden, fragt am besten bei einer Engelspension in Eurer Nähe, bestimmt freuen sie sich über Euer Interesse. Wenn Ihr in Paderborn oder Umgebung wohnt könnt ihr Euch auch direkt an die Ehrenamtskoordinatoren des Hospizes „Mutter der Barmherzigkeit“  wenden. Anmeldungen für den nächsten Kurs im Januar sind noch möglich.

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