Neue bunte Barrierefreiheit - oder wie aus bunten Steinchen Teilhabe wird


3. Dezember
Wer kennt sie nicht, diese kleinen bunten Plastiksteinchen,  die uns schon früh zu Architekten und Abrissunternehmen werden lassen - Legosteine. Aber auch im Erwachsenenalter verlieren sie meist nie so ganz ihre Anziehungskraft, nur trauen sich viele von uns nicht mehr mit ihnen ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Das sie sehr wohl fürs Erwachsenenalter taugen und man mit ihnen sogar richtig vorteilhafte Sachen bauen kann, das habe ich bei meinem Besuch in Bielefeld sehen dürfen. Dort werden seit Juni letztem Jahr Rampen mit den kleinen Steinchen gebaut, welche die Barrierefreiheit in der Stadt verbessern oder teilweise erst möglich machen.

Bei meinem Besuch bin ich mit der Initiatorin der Legorampen Bielefeld, Frau Huber vor dem Spielwarengeschäft Bökenkamp in Bielefeld – Schildesche verabredet. Frau Huber sitzt selber seit ein paar Jahren im Rollstuhl und kann sich daher gut in die Situation anderer Rollstuhlfahrer hineinversetzten, die aufgrund von Stufen Geschäfte oder Privathäuser nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten erreichen können. Sie profitieren von den neuen leuchtendbunten Rampen, aber auch Menschen mit Rollator, Einkaufstrolley oder Kinderwagen nutzen sie gerne. Bisher konnten sie und ihr Team 27 solcher Legorampen fertigstellen, die nun an verschiedenen Orten in und um Bielefeld im Einsatz sind. Ihre Motivation ist es selber etwas zu unternehmen als darauf zu warten, dass andere Menschen etwas machen, denn ihrer Meinung nach wird heutzutage noch viel zu wenig für Menschen mit einer Behinderung getan.

Mittlerweile konnte sie auch andere Städte für diese Idee gewinnen, die ursprünglich von Raul Krauthausen stammt. Ich muss ja gestehen, den bewundere ich ja schon sehr – ein echtes Vorbild in meinen alten Krötenaugen! Zu den weiteren Städten zählen beispielsweise Hanau, München, Hamburg oder auch Walzrode und hoffentlich bald ganz Deutschland, denn Barrieren gibt es leider überall. Den Bauplan dafür bekommt Ihr sogar von Frau Huber persönlich, wenn Ihr auch in Eurer Stadt Menschen ein bisschen den Alltag erleichtern möchtet mit den Rampen.

Aber wie fertigt man überhaupt eine solche Legorampe? Vorweg alle Rampen sind so konzipiert, dass man damit problemlos eine Treppenstufe überwinden kann, mehr geht leider sicherheitstechnisch nicht unabhängig von ihrer Größe. Im Durchschnitt misst eine Legorampe zwei Kröten in der Länge und eine Kröte in der Breite oder für Nichtkröten 60x30cm. Es gibt aber auch kürzere oder längere, je nachdem was gebraucht wird um die Barriere zu überwinden . Neben einer rutschfesten Matte und einem Superkleber aus der Formel 1 braucht Ihr zum Bau vor allem Legosteine – gaaanz viele Legosteine, genau genommen um die 800 für eine durchschnittlich große Rampe. Und Zeit, die solltet Ihr auch übrig haben, denn der Bau dauert gute 8 Stunden bevor ihr das zweiteilige Wunderwerk der modernen Barrierefreiheit in den Händen haltet. Es sei denn, Ihr besorgt Euch ein paar fleißige Helfer, zum Beispiel eine Kindergruppe die Lust hat Euch zu unterstützen. Auch Frau Huber erhält Hilfe beim Bau von Kindergruppen, worüber sie sich sehr freut.

 Einmal fertig, ist sie pflegeleicht, sodass sie mehrere Jahre einsatzbereit ist, bevor sie ein paar Schönheitsreparaturen benötigt. Zumeist werden die Rampen jedoch ohnehin aus rechtlichen Gründen nur ausgelegt wenn Bedarf ist, was die Haltbarkeit zusätzlich verlängert. Der Bürgersteig vorm Geschäft ist nämlich Stadtbesitz, daher sollte im Vorfeld immer mit der Stadt abgesprochen werden, ob Rampen auf den Bürgersteig gelegt werden dürfen und unter welchen Bedingungen. Aber die Rampen sind nicht nur langlebig, sondern auch robust. Ob Elefantenhorde, Piratenschiff oder Bulli – die Rampe hält! Dadurch können auch alle Lasten problemlos getragen werden.

Kein Wunder, dass die Legorampen so begehrt sind. Frau Huber fertigt sie nicht mehr nur ausschließlich für Bielefeld, nein auch aus Gütersloh oder Paderborn bekommt sie Anfragen. Rampen für Geschäfte fertigt sie dabei sogar mit deren individuellen Logo, so dass jede einzelne Legorampe ein Unikat ist. Allgemein sei der Bedarf an den kostenlosen Legorampen riesig, daher freut sie sich neben der Unterstützung von Spielwarengeschäften auch über private Legosteinspenden, denn mit Legosteinen ist es wie mit Geldmünzen – kaum hat man welche, sind sie auch schon wieder weg! Und mal ehrlich wie viele von uns sind insgeheim „steinreich“ weil sie einen alten Steinschatz in irgendeiner Kiste im Keller lagern ohne dass wir uns an diesem Reichtum noch stören?! Dann ist es doch besser, wenn jemand wie Frau Huber daraus etwas wirklich sinnvolles baut dass die Welt positiv verändert, da sie allen Menschen einen Zugang zu bisher unerreichbaren Orten ermöglicht. Dann werden tatsächlich Träume wahr – der Traum von der Teilhabe für Alle...



Wenn Ihr gerne Legosteine spenden möchtet, in dem Projekt mithelfen oder den Bauplan für Eure Stadt anfragen wollt, meldet Euch einfach bei Frau Corinna Huber – Facebookseite Legorampen für Rollstuhlfahrer – Bielefeld
Aktuell sucht Frau Huber auch noch ein Seniorenprojekt im Umkreis von Bielefeld, welche Senioren Wünsche erfüllt und in welchem sie sich miteinbringen kann.

Kommentare

  1. Hallo!
    Mein Name ist Irmgard Erhardt.
    In meinem Bekanntenkreis gibt es drei Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind.
    Wäre es möglich, den Bauplan der Rampe zu bekommen? DIE Legos würde ich dann bei Ihnen erwerben .... Es wäre dann in meiner Umgebung Hilfe möglich!
    Frage dazu: Wie fixiert man die2 Rampem - bei Balkontür rein und raus - am Boden?
    Danke im Voraus!

    Mit freundlichem Gruß
    Irmgard M. Erhardt
    Leitung der
    SHG/Epilepsie
    Bamberg

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Opas veganer Bio Schleim - der Spielspaß aus dem Küchenlabor

Au weh Opa macht den Super - Sani

Meine Geschichte bleibt für immer - das Familienhörbuch