Süßer der Nektar nie schmeckte - wenn Schildkröten Loris füttern


5. Dezember

Ein Besuch im Zoo ist ja für Vertreter meiner Gattung durchaus nicht untypisch, manche wohnen ja sogar dort. Aber für mich war es etwas ganz besonderes, als ich im Allwetterzoo Münster der Ehrenamtlichen Frau Beike bei der Lori-Fütterung helfen durfte.

Als ich in das helle und großräumige Gehege trete werde ich gleich von den neugierigen kleinen Papageien, genauer gesagt Pinselzungenpapageien begrüßt. Insgesamt 40 der quirligen Vögelchen lebt hier zusammen mit ihren Freunden, den Spatzen und lassen es sich richtig gut gehen. Ihre Lieblingsspeise ist Nektar, süßer klebriger Nektar und davon am liebsten den ganzen Tag und in großen Mengen. Ist ja auch zu verführerisch, ich muss gestehen, ich hätte schon gerne mal genascht aber als anständige Kröte hab ich mich natürlich zurückgehalten. Viel lieber habe ich den kleinen Nimmersatten davon gegeben – alte Kröte war das vielleicht ein tolles Gefühl als sie aus meinem Töpfchen geschlabbert haben und das obwohl ich ja fremd und exotisch war! Bei der Menge an Besuchern jeden Tag die alle bei der Lori-Fütterung helfen dürfen, ist das aber auch kein Wunder, die sind mit Sicherheit schräge „Vögel“ gewohnt.

Ihre Heimat haben die Loris eigentlich in Australien, wo sie für die Bestäubung der Blüten zuständig sind, denn früher gab es dort keine Bienen. Deswegen besitzen sie kleine Härchen auf ihrer langen Zunge mit denen sie Nektar oder Pollen aufnehmen können und was ihnen den Namen Pinselzungenpapagei eingebracht hat. Andere Papageiarten wie beispielsweise der Ara verfügen nicht über eine solche Zunge. Münster ist zwar nicht Australien, aber im Gehege herrschen die gleichen klimatischen Bedingungen, damit sich die Loris auch hier heimisch fühlen. Ihr Gehege findet Ihr übrigens im Inneren des Elefantenhauses, nur für den Fall dass ihr einen spontanen Besuch plant und falls jemand das Klima für mich anpassen möchte – gerne Sommer aber nicht zu heiß!

Der Zooverein Münster, der für die Fütterung zuständig ist,
besteht bereits seit 1871 und kümmert sich seit Fertigstellung des Geheges mit derzeit rund 20 Ehrenamtlichen um die Versorgung der zutraulichen Vögelchen. Es können sich aber gerne noch weitere Ehrenamtliche melden, welche regelmäßig vor allem am Wochenende oder gelegentlich die Lori – Fütterung übernehmen und den leckeren Nektar anrühren. Pro Schicht sind 1 bis 2 Ehrenamtliche anwesend, die gleichzeitig den Besuchern bei Fragen zur Seite stehen und als „Vermittler zwischen Tier und Mensch“ fungieren, so Frau Beike. Wichtig ist, dass die Ehrenamtlichen sehr tierlieb und verantwortungsbewusst sind, zudem sollten sie ein gewisses Maß an innerer Ausgeglichenheit besitzen, da sich ein hektisches Wesen auf die Tiere überträgt. Damit die Ehrenamtlichen angemessen auf die Besucher eingehen können, sollten sie zusätzlich kommunikativ und kontaktfreudig sein, da man oft auf die Besucher zugehen muss. Leider bedenken nicht alle Besucher die Tierchen mit dem nötigen Respekt, weshalb es nicht schaden kann, wenn man auch mal etwas energischer werden kann, wobei Ihr natürlich nicht gleich den Besen rausholen solltet! Kleiner Tipp von mir noch, vergesst teure Markenkleidung wenn Ihr ins Gehege tretet, die kleinen Loris „scheißen“ wortwörtlich auf guten Modestil, manchmal gar nicht das Schlechteste! Also denkt dran, Schmutz sollte Euch nicht stören, genauso wenig wie Geräusche, denn die kleinen Loris sind sehr gesprächig und sozial untereinander.

Eine dieser unempfindlichen, liebenswerten Damen ist Frau Beike, meine Begleiterin an diesem Tag. Bereits seit 17 Jahren ist sie für die Loris da, nachdem sie ihr Ehrenamt im Tierheim aufgegeben hat. Da sie selber früher eigene Vögel hatte und sehr tierlieb ist, hat sie mit der Lori – Fütterung ihr Traumehrenamt gefunden und das merkt man ihr auch an. Wenn sie von ihren Loris spricht, dann immer sehr respektvoll und mit Liebe zu den Tieren. Für sie hat jedes einzelne Vögelchen einen eigenen Gesichtsausdruck und einen eigenen Charakter, schöner kann man es doch kaum sagen. Besonders geeignet sie hält das Ehrenamt für Senioren, die eine Aufgabe im Leben suchen, da es ihnen das Gefühl innerer Befriedigung und eine Tagesstruktur gibt. Theoretisch ist es aber auch schon ab 20 Jahren möglich, wenn man über die nötige Reife verfügt. Für Menschen mit einer Beeinträchtigung ist es leider nur bedingt möglich ein Ehrenamt zu übernehmen, da es wichtig ist das gesamte Gehege im Blick zu behalten und im Notfall sich schnell von einem Ende zum anderen zu bewegen.

Als Ehrenamtlicher darf man sich über eine Menge Vergünstigungen freuen. Neben dem kostenlosen Eintritt im Zoo, kommt Ihr auch noch ermäßigt in alle Partnerzoos in NRW und auch das Parken wird günstiger. Zusätzlich könnt Ihr an regelmäßig stattfindenden Fahrten, Rundgängen oder Vorträgen teilnehmen und Euch über die Vereinszeitung freuen. Aber der schönste Vorteil an diesem Ehrenamt ist und bleibt der Kontakt zu den Loris. Wenn man den kleinen Schelmen beim Schlemmen zusieht und sich an ihrer bunten Federpracht erfreut, vergisst man sogar alle Sorgen und fängt unweigerlich an zu lächeln. Es ist ein bisschen als würde man den Alltag am Eingang zum Gehege angeben!
Gerade in Zeiten wie heute, wo viele Menschen den Kontakt zum Nachbarn verloren haben, ist auch für Tiere kaum noch Platz. Da ist es gut, dass es Zoos gibt, die Menschen wieder heranführen an diese faszinierende Welt und ihnen einen Zugang schaffen zur Umwelt, die sie kaum noch wahrnehmen. Gleichzeitig ist es auch eine Vermittlung von Werten, man kann soviel von Tieren lernen – Achtsamkeit, Respekt, für den Anderen da zu sein, Hilfsbereitschaft, Humor...all das haben die Tiere den Menschen voraus. Aber diese Werte gelten auch für alle Besucher im Zoo, denn das ist ihr Revier und ihre Regeln und wir sind nur Gäste! Wenn wir das beherzigen und vielleicht sogar auf unsere Mitmenschen übertragen – dann ja dann schmeckt der Nektar süßer denn je...

Wer sich für ein Ehrenamt bei der Lori – Fütterung interessiert kann sich gerne bei Frau Beike melden oder direkt beim Allwetterzoo in Münster.

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