Wo zwei oder drei an meinem Tisch versammelt sind...


22. Dezember

Bei meinem letzten Besuch in Bielefeld konnte ich ein ganz besonderes Angebot kennenlernen – den Bielefelder Tisch. Er besteht parallel zur Tafel Bielefeld e.V., das Team dort kümmert sich aber nicht nur um das klassische „satt“ durch die Ausgabe von Lebensmitteln. Wenn ihre Gäste wieder nach Hause gehen sind sie „satt im Magen und im Herzen“. Ich hatte das große Glück bei meinem Interview mit dem Geschäftsführer Herrn Wienstroth, einen sehr engagierten Menschen zu begegnen, der auch nach 21 Jahren die er beim Bielefelder Tisch aktiv ist, noch mit seinem ganzen Herzen dahintersteht und das spüren auch seine Gäste.
An 3 Tagen in der Woche öffnet die Suppenküche und Lebensmittelausgabe, die 1996 aus der Bielefelder Stadtmission heraus begründet wurde. Nach mehreren Umzügen und provisorischen Standorten, hat sie 2001 schließlich ihren Platz an der Heeper Straße beziehen können. Hier ist ausreichend Platz für ihr wirklich erstaunlich vielfältiges Angebot. Neben einem geräumigen Speisesaal ist hier auch Platz für eine Lebensmittelausgabe, eine Kleiderkammer und eine Fundgrube mit allerlei nützlichen Haushaltswaren, Dekoartikeln oder auch Spielzeug. Ein bisschen so wie in einem eigenen kleinen Dorf – hinter jedem Häuschen und jeder Tür ein neues Angebot und in jedem Raum freundliche Mitarbeiter, die gerne helfend den Besuchern zur Hand gehen. Sogar für die Kleinen ist gesorgt in der eigenen Löwengrube. Hier werden Kinder im Alter von 3 -13 Jahren ehrenamtlich beispielsweise von Erzieherinnen betreut, wenn ihre Eltern gerade zum Essen gehen, Kleidung aussuchen oder Lebensmittel mitnehmen. Neben einem großen hellen Gemeinschaftsraum wo alle zusammen zu Mittag essen, spielen, basteln und lachen, gibt es auch noch eine kleinere Spielhöhle wenn man es gerade etwas ruhiger mag, einen zweiten Gruppenraum und einen kleinen Spielplatz zum Austoben im Freien. Das alles selbstverständlich unter den wachsamen Augen plüschiger Freunde!
Und wäre das nicht schon genug an Hilfestellungen für die Gäste, bietet der Bielefelder Tisch beispielsweise in Kooperation mit Streetmed Bethel Dienstags auch noch eine medizinische Betreuung an, Donnerstags eine Rechtberatung, ein regelmäßiges Massageangebot, eine seelsorgerische Unterstützung und und und...ich habe keine Zweifel, dass dem Geschäftsführer Herrn Wienstroth mit Sicherheit noch mehr einfallen wird, damit seine Gäste rundum versorgt sind! Nebenan wird durch die Untervermietung an eine Tiertafel auch noch für die Vierbeiner gesorgt und das alles auf einem einzigen Gelände! Glaubt mir, es ist wirklich wie in einem Hilfedorf wo jeder der durchschnittlich am Tag 100 – 180 Gäste die Unterstützung bekommen kann, die er gerade braucht – materiell und immateriell!
Alleine schon wenn wir an das Wort „Suppenküche“ denken, hat sicher jeder von Euch beim lesen eine bestimmte Vorstellung davon im Kopf – aber sicher keiner auf Anhieb die Vorstellung die ich bei meinem Besuch gewonnen habe, denn hier ist es ganz anders als es das klassische Bild vermuten lässt. Pünktlich um 13 Uhr klappern die Teller, es geht los mit der Vorspeise. Gewählt werden kann zwischen 2 verschiedenen Suppen mit oder ohne Fleisch, Brot steht bereits auf dem Tisch und wartet darauf in die heiß dampfende Suppe getunkt zu werden. Zudem werden 3 – 4 Salate angeboten, verfeinert von den Mitarbeitern vor Ort. Im Anschluss steht das reichhaltige Hauptgericht an bevor der Nachtisch das üppige 3 Gänge Menü abschließt – und das alles kostenlos und reichhaltig. Gute Gespräche und Wohlfühlatmosphäre inklusive. Da bleibt es nicht aus, dass die Gäste dort länger verweilen und Nachmittags auch noch ein leckeres Stück Kuchen verzehren – und das sogar an Heiligabend oder an allen anderen Feiertagen wenn sie auf die Öffnungstage Dienstag, Donnerstag und Samstag fallen. Wer möchte kann auch draußen das Sitzangebot nutzen, natürlich mit Ausblick auf das gesamte Gelände.
Was alle 65 Ehrenamtlichen gleichermaßen antreibt ist nicht nur der unbedingte Wille zu helfen, sondern auch die christliche Grundhaltung die hier am Bielefelder Tisch praktisch gelebt wird. Wie heißt es doch so treffend in Psalm 23 „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln...“ und das spürt man hier auch, dass hier wirklich Menschen sind die offen und respektvoll auf die zugehen, die es nicht leicht haben in ihrem Leben. Der Begriff Gast anstelle von Kunde macht es bereits deutlich und bringt es in meinen alten Krötenaugen auf den Punkt! Nächstenliebe ist hier mehr als eine Floskel, sondern der Grundfeiler auf dem das Angebot beruht – „satt“ ist soviel mehr als keinen Hunger zu spüren. Wärme, aufrichtige Anteilnahme, ein offenes Ohr, ein freundliches Lächeln oder auch ein nettes Wort gepaart mit dem Vertrauen darauf Willkommen zu sein. Dann geht man nicht nur satt im Magen nach Hause, sondern auch satt im Herzen, von dem man zehren kann, an den Tagen wo der Bielefelder Tisch nicht geöffnet hat. Die Gäste wissen, dass hier immer jemand versucht ihnen zu helfen und sie kommen gerne hierher, in die kleine Welt an der Heeper Strasse wo sie nicht am Rande der Gesellschaft stehen, sondern im Mittelpunkt!
Ehrenamtliche die diese Einstellung teilen, sind übrigens jederzeit herzlich Willkommen, vor allem im Bereich Kinderbetreuung oder auch als Fahrer und rechte Hand der Leitung. Wichtig ist mit Respekt und Achtung auf Menschen zugehen zu können, Empathie, Verlässlichkeit und Verständnis für die Lebensumstände und die Bedürfnisse der Gäste. Insgesamt 6 Tage in der Woche arbeitet das Team daran, ihren Gästen das Leben etwas zu erleichtern. Neben den 3 Öffnungstagen werden nämlich an 3 weiteren Tagen Lebensmittel besorgt und vorgekocht.

Ich denke viele Institutionen können sich hiervon eine Scheibe abschneiden, denn viel zu oft werden heutzutage Hilfesuchende noch behandelt wie Menschen zweiter Klasse – satt ist eben nicht gleich satt. Und was lehrt uns bereits die Bibel „Vergesst die Gastfreundschaft nicht, denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt“ (Hebr 13,2)…  






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